PK-3 Plus war, wie sein Vorgänger PKE-Nefedov, ein deutsch-russisches Gemeinschaftsprojekt. Unser Vorgängerinstitut MPE arbeitete hier eng zusammen mit dem Institut für hohe Energiedichte der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau.
Im Dezember 2005 wurde PK-3 Plus von einem russischen Progress-Transporter zur Internationalen Raumstation ISS gebracht und im Januar 2006 zum ersten Mal betrieben. Ein Ingenieursmodell, das bereits auf zwei Parabelflugkampagnen der ESA getestet wurde, verblieb im MPE zur Planung der wissenschaftlichen Experimente im Orbit. Auf Anfrage der ESA hatten die deutschen und russischen Wissenschaftler zugestimmt, PK-3 Plus auch anderen Wissenschaftlern zur Verfügung zu stellen, um so zum ESA-Programm zur Nutzung der Raumstation einen bedeutenden Beitrag zu leisten.
Vom Aufbau her ähnelt PK-3 Plus dem Vorgängermodell PKE-Nefedov (Abb.1, siehe auch Beschreibung); es handelt sich um ein Mini-Labor, das eine Hochfrequenzentladung in einem verdünnten Edelgas benutzt, um komplexe (staubige) Plasmen in Schwerelosigkeit zu untersuchen. Als ein Labor der zweiten Generation, in das die langjährige Erfahrung mit PKE-Nefedov eingeflossen ist, bietet PK-3 Plus eine Menge Verbesserungen und damit neue Möglichkeiten für Experimente mit komplexen Plasmen. So erlaubt PK-3 Plus ein Arbeiten mit zwei Gasen, Argon und/oder Neon, bei einem Druck zwischen 0.05 und 2.5 mbar und einer Hochfrequenzleistung von 0.01 - 1 W. Zur Herstellung des komplexen Plasmas dienen Mikropartikel in sechs verschiedenen Größen zwischen 1 und 20 μm, welche nun genauer dosiert werden können. Die Teilchenwolke kann, zusätzlich zur HF-Anregung, mit verschiedenen niederfrequenten Spannungen an den Elektroden (0.1 - 100 Hz, maximale Amplitude: 50 V) oder einer Modulation der HF mit verschiedenen Wellenformen (Sinus, Dreieck, Rechteck, Puls) beeinflusst werden. Die Elektronik wurde auch dahingehend verbessert, dass eine bessere Überwachung der Betriebsparameter ('Housekeeping data') möglich wird.
Die PK-3 Plus Anlage teilt sich in zwei Einheiten: Den Experiment-Container und die 'Telescience'-Einheit(TS), wie auch bei PKE-Nefedov. Der Experiment-Teil ist eingeschlossen in einen zylindrischen Container, von dem aus elektrische und Vakuumverbindungen nach außen führen. Er beherbergt die Plasmakammer, die Betriebselektronik und einen Computer, sowie eine neu-integrierte Turbomolekularpumpe, die für ein Hochvakuum (<10-5 mbar) in der Plasmakammer sorgt. Dies ist notwendig, um nach längerer Lagerzeit auf der ISS eine hohe Reinheit des Plasmas, und damit eine bessere Reproduzierbarkeit der Experimente zu erlangen. Eine Leitung zum Weltraum sorgt für das erforderliche Vorvakuum.
Die TS-Apparatur ist die Konsole zur Bedienung des Experiments und beherbergt gleichzeitig die Datenspeicher, um Housekeeping- und Videodaten zu sichern. Die digitalen Daten sind bereits einen Tag nach dem Experiment auf der Erde verfügbar, die Videodaten werden auf Festplatten gespeichert und beim n&aauml;chsten Crew-Wechsel mit einer Sojus-Kapsel oder dem Space Shuttle mit auf die Erde gebracht. Eine Vorschau der Videos ist allerdings auch direkt nach dem Experiment möglich, wenn die Daten über S-Band oder eine andere deutsche Einrichtung auf der ISS (ROKVISS) zum DLR-Zentrum in Weilheim übertragenn werden.
Bevor die Experimente im Orbit durchgeführt wurden, sind die Experiment-Parameter zuerst auf dem Ingenieursmodell von PK-3 Plus in Garching (bei München) oder dem äquivalenten Modell im moskauer Institut getestet worden. Um einen sequentiellen Ablauf der Experimente zu definieren, wurden diese in Software-Prozeduren gepackt und zur ISS übertragen, wo sie autonom abgearbeitet werden. Falls notwendig, konnten die Kosmonauten jedoch jederzeit über die TS-Einheit von Hand in das Experiment eingreifen.
Im Vergleich mit PKE-Nefedov unterscheidet sich PK-3 Plus durch:
- ein neues Konzept der Kammermontierung, um thermische Unterschiede (und damit Thermophorese) zu vermeiden, was zu einem homogeneren und symmetrischeren komplexen Plasma führt,
- eine Vergrößerung des Elektrodendurchmessers dient dem selben Ziel; damit werden die Wirbel, die bei PKE-Nefedov zu sehen sind (siehe hier) weitgehend unterdrückt,
- ein kontinuierlicher Gasfluss sorgt für eine bessere Reinhaltung des Gases; damit werden Experimente reproduzierbar,
- bis zu sechs verschiedene Teilchengrößen (vorher zwei),
- die HF-Kontrolle wurde dahingehend verbessert, dass nun auch Experimente mit sehr niedrigen Leistungen (10 mW) möglich sind,
- ein neuer Funktionsgenerator mit mehr Möglichkeiten (größere Amplitude, mehrere Wellenformen),
- eine dritte Kamera, die das gesamte Volumen zwischen den Elektroden im Blick hat,
- eine vierte Kamera, die das Plasma abbilden kann,
- verbesserte Gasregelung zur Feineinstellung des Gasdrucks,
- größere Vorräte an Gas, die befüllt werden mit Argon und wahrscheinlich Neon,
- ein weiterentwickeltes 'Housekeeping-System', das die Betriebsparameter genauer und schneller verfolgt und abspeichert,
- eine zusätzliche Turbomolekularpumpe, integriert in den Experiment-Container, die für ein besseres Vakuum im Bereich 10-6 mbar sorgt,
- sog. Progressive Scan-Kameras, die ohne Zeilensprung arbeiten und damit die Auswertung der Videodaten erleichtern,
- Digitale Speicherung der Videosignale auf Festplatten,
- ein modulares Konzept der Experimentelektronik
All diese Detailverbesserungen machten PK-3 Plus zu einem idealen Labor zur Untersuchung komplexer Plasmen, sowohl im Orbit als auch auf der Erde. Das Ingenieursmodell, das zunächst im MPE verblieb, war hierzu noch mit zusätzlichen Diagnose- und anderen Gerätschaften ausgestattet. Dies erlaubte z.B. mit geringem Aufwand einen Temperaturunterschied zwischen den Elektroden herzustellen, der die Teilchen durch die thermophoretische Kraft auch unter normaler Schwerkraft in der Schwebe halten kann. Dies eröffnete einen völlig neuen Weg zur Untersuchung ausgedehnter Systeme von komplexen Plasen auf der Erde.