PlasmaLab/Ekoplasma

Hintergrund und wissenschaftliche Ziele:

Das Projekt "Entwicklung von Plasmakammern zur Untersuchung Komplexer Plasmen unter Schwerelosigkeit im ISS-PlasmaLab" wurde im November 2007 am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching gestartet, und im Jahr 2014 als Teil der Arbeitsgruppe Komplexe Plasmen an das DLR transferiert. Basierend auf ersten Erkenntnissen der "Vorentwicklung zur International Microgravity Plasma Facility" (IMPF), werden im Rahmen des DLR-finanzierten Projektes (FKZ 50WP0700 und 50WM1441) zwei neuartige Plasmakammern ("Zyflex"- und "Dodekaeder"-Kammer) entwickelt, welche in Zukunft zur Erforschung komplexer Plasmen in Schwerelosigkeit an Bord der internationalen Raumstation ISS eingesetzt werden können. PlasmaLab soll den wissenschaftlichen und technischen Anschluss an die vorherigen Projekte PKE-Nefedov, PK-3 Plus und das aktuell seit Oktober 2014 auf der ISS betriebene PK-4 bilden. Das Projekt wurde von Beginn in enger Kooperation mit unseren russischen Partnern vom Joint Institute for High Temperatures (JIHT) in Moskau durchgeführt. Als Missionsname für die zukünftige Apparatur auf der ISS wird seit 2013 parallel zu PlasmaLab auch die Benennung "EKoPlasma" (Experiment Komplex Plasma) verwendet.

 

Wissenschaftliche Zielsetzungen liegen unter anderem in den Bereichen Phasenübergänge, dynamisches Verhalten von Flüssigkeiten auf dem atomaren Level, Phasenseparation oder anisotrope Wechselwirkungen. Die neu entwickelten Kammern sollen nun die technischen Voraussetzungen für die Erforschung dieser Themen bieten, und damit den Bereich wissenschaftlicher Forschungsziele stark erweitern.

 

Das Projekt war ursprünglich in zwei Teilprojekte gegliedert: Teilprojekte A ist Entwicklung, Bau und Test einer Plasmakammer ("Dodekaeder"- Kammer), mit der sog "Designer-Komplexe Plasmen" untersucht werden können. Diese Plasmakammer hat eine einzigartige Bauweise: Sie besteht aus 12, in der räumlichen Form eines Dodekaeders angeordneten Elektroden (s. Abb. 1). Die Elektroden sind aus Glas hergestellt, welches leitend beschichtet ist, und werden mit Hochfrequenzsignalen (13,56 MHz) betrieben. Durch zusätzliches Anlegen von niederfrequenten Signalen sollen in der Dodekaeder-Kammer die Potentiale der Mikropartikel gezielt in allen Raumrichtungen gesteuert werden ("Designer Potentiale"). Die fertiggestellte Kammer ist zur Zeit für einen Laboraufbau angedacht. Spätere Ziele in der Zukunft sind Parabelflüge und eventuell Untersuchungen unter Schwerelosigkeit in Raketenflügen.

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Abb. 1: Dodekaeder-Kammer mit Plasma.

 

Teilprojekt B ("Zyflex"-Kammer) befasst sich mit der Weiterentwicklung der zylindrischen IMPF-Kammer um homogene, schwach begrenzte Plasmen bei niedrigen Neutralgasdrücken zu erzeugen, und somit unter Schwerelosigkeit große dreidimensionale komplexe Plasmen zu erhalten, die sich dann nahe am thermodynamischen Grundzustand des Systems befinden. Die Zyflex-Kammer wurde 2013 für die Mission auf der ISS ausgewählt, und wird nun bevorzugt weiterentwickelt und optimiert.

 

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Abb. 2: Zyflex-Kammer im Parabelflugrack.

Experimentbeschreibung (Zyflex-Kammer):

Die Zyflex-Kammer (Abb. 2) ist eine zylindersymmetrische Plasmakammer, in der Plasma durch an Elektroden angelegte Hochfrequenzsignale (13,56 MHz) betrieben wird. Die Elektroden sind parallel zueinander in der Kammer montiert (siehe Abb. 2). Üblicherweise wird ein Edelgas, z.B. Argon oder Neon verwendet, bei Gasdrücken von unter 1 Pa bis zu 133 Pa (dies entspricht einem hundert-tausendstel bis zehn-tausendstel des Atmosphärendrucks). Durch Anlegen der hochfrequenten Spannungssignale an die Elektroden werden Gasatome ionisiert, und das Plasma wird entzündet. Daraufhin werden mikrometer-große, sphärische Partikel aus Plastik oder Silika in das Plasma hineingeschüttelt. Die Teilchen laden sich unmittelbar auf, und ein komplexes Plasma entsteht. Die Mikropartikel können mit einem Laser beleuchtet werden, und mit optischen Kameras aufgenommen werden. Dadurch kann die Teilchenbewegung eines jeden individuellen Teilchens direkt erfasst und analysiert werden.

 

Die Besonderheiten der Zyflex-Kammer sind zum einen ihre Größe, die Arbeiten bei sehr niedrigem Neutralgasdruck erlaubt. Außerdem kann das Plasmavolumen beeinflusst werden, da der Elektrodenabstand im laufenden Experiment zwischen 2,5-7,5 cm variiert werden kann. Ein eigens entwickelter Hochfrequenzgenerator biete viele Möglichkeiten zur Plasmamanipulation. Des Weiteren werden innovative optische Systeme zur Echtzeit-3D-Diagnostik der Teilchenbewegung eingesetzt: schnelle USB3.0 Kameras für die 2D-Diagnostik, bei der ein Schnitt durch die dreidimensionale Teilchenwolke abgebildet wird, und eine Lichtfeldkamera und ein stereoskopisches Kamerasetup für 3D-Diagnostik in Echtzeit.

 

Die wichtigsten Komponenten des Experimentaufbaus sind in Abb. 3 farbig markiert, hier am Beispiel des speziellen Aufbaus für Parabelflüge. Letztere sind ein ideales Mittel, ein Experiment unter (kurzzeitiger) Schwerelosigkeit durchzuführen und erste wissenschaftliche Untersuchungen durchzuführen und die eingesetzte Technologie zu testen. Bei einer Parabelflugkampagne, die in Europa von der französischen Firma Novespace ausgerichtet wird, fliegt ein eigens präparierter Airbus A310 eine Sequenz von 31 Parabeln – ein Manöver, bei dem pro Parabel 22 Sekunden Schwerelosigkeit herrscht. Der gesamte Experimentaufbau wird in das Flugzeug eingebaut, und Wissenschaftler und Ingenieure können während des Fluges selbst die Versuche steuern.

 

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Abb. 3: Der PlasmaLab-Parabelflugaufbau mit seinen wichtigsten Komponenten.

 

Status:

Es existieren 3 Experimentaufbauten der Zyflex-Kammer. Zwei befinden sich im Labor der Arbeitsgruppe Komplexe Plasmen in Wessling, wobei eine Kammer fest in einem Rack für Parabelflüge verbaut ist, und die zweite Kammer als Referenz auf einem Labortisch steht. Ein dritter Aufbau befindet sich bei unseren Kooperationspartnern vom JIHT in Moskau.

 

Neben zahlreichen im Labor unter Schwerkraft durchgeführten Experimenten, absolvierte PlasmaLab bereits 5 Parabelflugkampagnen, eine davon auch mit der Dodekaeder-Kammer: Zyflex (2009), Zyflex (2011), Zyflex und Dodekaeder (2012), Zyflex (2015), Zyflex (2016)

 

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Abb. 4: PlasmaLab Team während einer Parabel (2015). Copyright: Novespace 2015

 

 

Perspektiven:

Ekoplasma geht Mitte 2018 in die Industriephase, in der zunächst das Design an die Anforderungen für ein Weltraumexperiment angepasst wird und ein breadboard Modell der Apparatur gebaut wird. Danach folgt der Bau des Flugmodells und der Bodenreferenzmodelle. Die wissenschaftlich relevanten Teile von Ekoplasma (z.B. Plasmakammer, Diagnostik, Experimentelektronik) werden dafür am Institut für Materialphysik entworfen und gebaut, und können somit in allen Phasen von dem Team aus Wissenschaftlern und Ingenieuren getestet werden. Hierfür werden sowohl Arbeiten im Labor, als auch weitere Tests auf Parabelflügen stattfinden.

 

Geplant ist ein Launch zur ISS im Frühjahr 2022, wo Ekoplasma auf dem zukünftigen russischen Science Energy Module (SEM) untergebracht werden soll.

 

 

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Abb. 5: Parabelflug 2016 - PlasmaLab Team